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Peppi Schmitt im Gespräch mit Hans Nolte

Josef (“Peppi”) Schmitt (67) ist ein Urgestein des Frankfurter Sportjournalismus. Der Sprendlinger begleitet die Frankfurter Eintracht mit seinen Berichten und Interviews seit Jahrzehnten. Er gilt als ein intimer Kenner der regionalen Fußballlandschaft. Regelmäßig besucht er auch Spiele im Sportpark Dreieich. Dem SC Hessen ist Peppi Schmitt verbunden, seit sein Sohn Daniel, derweil selbst prämierter Sportjournalist, in der Saison 2013/2014 die Fußballschuhe für den SCHD schnürte.

Nachstehend lesen Sie das vollständige Gespräch im tatsächlichen Wortlaut. Es enthält auch die von der „Offenbach Post“ willkürlich gekürzten Passagen.

Ist das Modell des SC Hessen gescheitert? Steht der Verein vor dem „Aus“?

Hans Nolte: „Der SC Hessen hat in den vergangenen zwei Jahren der Corona-Krise 70 Prozent seiner Einnahmen verloren. Zahlreiche Sponsoren aus der Region sind erheblich betroffen. Zuschauer- und Gastronomieumsätze brachen komplett weg. Auch mein Unternehmen erlitt heftige Einbrüche. Mitarbeiter verloren ihre Arbeit oder verbrachten Monate in Kurzarbeit. Vor diesem Hintergrund ist ein Amateurfußball-Sponsoring mit hohen sechsstelligen Summen aktuell ungehörig. Auch die, die gerade medienwirksam Krokodilstränen um das „Modell SC Hessen“ weinen, werden sich den Tatsachen stellen müssen, wenn der Stadt künftig Gewerbesteuereinnahmen fehlen. Wir müssen den Gürtel enger schnallen, auch in Bezug auf die schönste Nebensache der Welt. Der Rückzug der Hessenliga-Mannschaft des SC Hessen folgt verantwortlichen Überlegungen zu den finanziellen Rahmenbedingungen ab der Saison 2022/2023. Er ist nicht die Folge des Wunsches von Eintracht Frankfurt, ab der kommenden Spielzeit wieder eine zweite Mannschaft stellen zu wollen. Vielmehr eröffnet gerade diese Konstellation und die Entscheidung der Eintracht für Dreieich als Spielort ihrer Zweitvertretung dem SC Hessen Perspektiven. Der Verein als Ganzes bleibt dabei solide aufgestellt. Die Jugendabteilung ist von keinerlei Einschränkungen betroffen. Vom „Aus“ des SC Hessen zu reden, ist deshalb unredlich.“

Der SC Hessen zieht seine Mannschaft aus der Hessenliga zurück.  Sehen wir die Mannschaft dann in der Verbandsliga – oder wo würde sie sonst spielen?

Hans Nolte: „Sportlich liegt die Mannschaft auf einem Spitzenplatz mit besten Aussichten auf einen erneuten Aufstieg in die Regionalliga. Sie befindet sich mit voller Konzentration und Motivation im laufenden Wettbewerb. Fest steht, dass sie in der kommenden Spielzeit nicht in der Hessenliga und nicht im Sportpark Dreieich antreten wird. Fest steht auch, dass das Budget des SC Hessen aus den beschriebenen Gründen für die kommende Saison keine eigene Position für den Spielbetrieb einer ersten Herrenmannschaft enthält. Die Zuschauer im Sportpark werden aber bekannte Gesichter aus dem aktuellen Team auf und neben dem Platz in den Farben der Eintracht wiedersehen. Einige Spieler lassen ihre Karrieren bei unterklassigen Clubs in der Region ausklingen. Alles wird anders und neu – aber nicht weniger spannend.“

Was passiert jetzt im und mit dem Sportpark?

Hans Nolte: „Anders als alle anderen Fußballvereine in der Stadt nutzt der SC Hessen – bislang als exklusiver Mieter – eine private Sportanlage. Der Sportpark Dreieich wurde weder mit Steuermitteln errichtet noch wird er mit öffentlichen Geldern unterhalten. Im Gegenteil entrichtet die Dreieich Sportstätten Betriebs- und Marketing GmbH (DSBM) als Eigentümerin für ihre Sportanlage jährlich tausende Euro Grundsteuer an die Stadt. Die Stadtwerke Dreieich erhalten jedes Jahr zehntausende Euro für Gas, Wasser und Strom und bei der DSBM sind mehrere Dutzend Arbeitsplätze entstanden. Der signifikante Einnahmerückgang durch den zweijährigen Stillstand im regulären Spielbetrieb verlangt nach Antworten. Diese müssen wir als privat-wirtschaftlich organisiertes Unternehmen geben, statt nach Kommune, Kreis oder Land zu rufen. Mit der Eintracht erhält die DSBM als Eigentümerin des Sportparks Dreieich nun eine starke, engagierte Gesellschafterin, die das Prinzip einer durch ihre Nutzer selbst verantworteten Sportanlage kennt und lebt. Ich selbst bleibe – als Dreieicher für Dreieich – Gesellschafter der DSBM. Gemeinsam und im Schulterschluss mit der regierenden Koalition in der Stadt stehen wir für den Erhalt und die Entwicklung der Infrastruktur des Sportparks: Für Eintracht Frankfurt, in deren zweiter Mannschaft auf und neben dem Platz ganz viel Dreieich steckt und die uns tolle Fußballerlebnisse im Sportpark verspricht, und für die Kinder und Jugendlichen des SC Hessen Dreieich und ihre Familien, deren sportliche Heimat der Sportpark bleibt.

Einige Ortsvereine sehen sich „im Regen stehen gelassen“?

Hans Nolte: „Alle Fußballvereine mit Nachwuchsarbeit am Ort haben in den vergangenen neun Jahren jeweils substantielle, sechsstellige Beträge überwiesen bekommen. Man hat davon in jedem Fall die eigene Arbeit für viele weitere Jahre nachhaltig aufstellen können. Einige haben das verstanden und getan, andere nicht. Aus der resultierenden Entlastung der Stadtkasse konnte z.B. ein nagelneuer Kunstrasenplatz in Dreieichenhain komplett finanziert werden. Das Fördermodell der DSBM war von Anbeginn an über einen begrenzten Zeitraum bis 30. Juni 2022 ausgelegt. Es nimmt insoweit kein unrühmliches, sondern ein geplantes und lange angekündigtes Ende.“

Einzelne Politiker kritisieren, dass sie vor vollendete Tatsachen gestellt wurden und die Kommunikation nicht transparent war?

Hans Nolte: „Die vertraulichen Gespräche mit Eintracht Frankfurt benötigten insgesamt sechs Monate, weil wir sportliche, wirtschaftliche und regionalpolitische Aspekte in eine nachhaltige „win-win-Konstellation“ einbringen wollten. Verhandlungen zwischen Kapitalgesellschaften, hier Eintracht Frankfurt AG und DSBM GmbH, sind nicht öffentlich, auch wenn das Medieninteresse groß ist. Dass wiederholt Fragmente an die Öffentlichkeit drangen und für teils krude Spekulationen sorgten, etwa zum angeblichen „Lizenz-Verkauf“, mussten wir in Kauf nehmen, weil das „Feedback“ z.B. des Hessischen Fußballverbandes wichtig war. Die Stadt Dreieich in Person von Bürgermeister Martin Burlon war von Anfang an in die Überlegungen einbezogen. Spieler, Trainer und Betreuer des Hessenliga-Teams wurden längst ins Vertrauen gezogen – ihre Reaktion zeigen sie in beeindruckender Weise auf dem Platz. Wir reden mit allen, die von Veränderungen betroffen sind – nicht über sie. Und wir kommunizieren Fakten, sobald sie Bestand haben, keine Wasserstandsmeldungen.“

Worin liegt denn die „win-win“-Konstellation für den SC Hessen und für Dreieich?

Hans Nolte: „Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche hat klare Vorstellungen vom Unterbau des Profi-Teams, zur Herangehensweise bei und zu den Aufgaben einer zweiten Mannschaft. Patrick Ochs, der in der sportlichen Gesamtverantwortung beim SC Hessen Erfahrungen im regionalen Fußball sammeln konnte, wird diese Vorstellungen nun für Eintracht Frankfurt II umsetzen. Im Sportpark Dreieich können Fans und Fachleute diese Entwicklung aus größter Nähe verfolgen. Uns war gemeinsam wichtig, dass der Trainings- und Spielbetrieb der Jugendmannschaften des SC Hessen Dreieich neben dem von Eintracht Frankfurt II uneingeschränkt weiterhin im Sportpark Dreieich stattfinden kann. Mit dem Modell einer Förderpartnerschaft, in der Eintracht Frankfurt künftig an der Seite der Kinder und Jugendlichen in Dreieich steht, eröffnen sich für den örtlichen Nachwuchs außergewöhnliche Möglichkeiten. Eintrachts Vorstandschef Axel Hellmann hat sich ebenso wie Präsident Peter Fischer persönlich dafür eingesetzt, dass die Eintracht mit dem Spielort Dreieich für ihre zweite Mannschaft die Stadtgrenzen überschreitet und so mit unserer Region im Süden der Stadt eine starke Verbindung eingeht. Im Kontext etwa der Regionaltangente West (RTW) zeigt das, wie die Metropolregion zusammenwächst und Orte wie Dreieich oder das nur einen Steinwurf vom Sportpark entfernte Langen in ihrer Entwicklung als Wohn- und Gewerbestandorte „im Herzen von Europa“ von der Marke Eintracht Frankfurt profitieren.“

 

Bildquelle „Peppi Schmitt“: Verein Frankfurter Sportpresse

 

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